hari om

Mittwoch, Mai 04, 2005

Rhopalapion longirostre (Olivier, 1807) (Coleoptera, Apionidae)

Rhopalapion longirostre (Olivier, 1807) (Coleoptera, Apionidae): "Einleitung

Die Idee zu diesem Beitrag kam förmlich angeflogen: Vier kleine Rüsselkäfer auf dem Blatt eines Malvengewächses in einem Garten in Berlin-Tegel. Die hier behandelte Art, Rhopalapion longirostre, ist praktisch nicht zu verwechseln. Die dunkel gefärbten, durch dichte, weiße Behaarung grau erscheinenden Käfer haben einen langen, geraden Rüssel, der insbesondere bei den Weibchen fast Körperlänge erreicht, und die Beine sind abstechend gelb gefärbt [Fig. 1] [Fig, 2] [Fig 3]. Auch die Entwicklungspflanze, die Stockrose (Alcea rosea L., syn. Althaea rosea (L.) Cav.), dürfte jedem Gartenliebhaber bekannt [Fig. 4] und auch schon im nichtblühenden Zustand gut erkennbar sein [Fig. 5]. In den letzten Jahren häufen sich die Neumeldungen über diese Art in vielen Teilen Mitteleuropas (Behne 1998). Mit den folgenden Ausführungen wird versucht, einen Überblick über die derzeitige Verbreitung in Deutschland zu geben.

Verbreitung [Fig. 6 ]

Rhopalapion longirostre ist nach Dieckmann (1977), Lohse (1981), Perrin (1984), Abbazzi & Osella (1992) sowie Knutelski & Petryszak (1997) vom südlichen Mittel- und zentralen Südeuropa (Schweiz: Tessin, Wallis, italienische Halbinsel) über die Slowakei, Österreich (Niederösterreich, Burgenland) und den Balkan ins südliche Osteuropa sowie nach Vorder- und Mittelasien verbreitet. Eine Übersichtskarte mit der bis 1984 bekannten Verbreitung enthält die Arbeit von Perrin (1984).

Nach Österreich soll die Art laut Wagner (in Dieckmann 1977) immer wieder eingeschleppt worden sein, während Dieckmann für die Slowakei von einer Einbürgerung ausgeht. In Nordafrika ist Rh. longirostre offenbar sehr selten: Es ist nur 1 Ex. aus Algerien bekannt.

Ehret (1983) meldet die Art als Neufund für Frankreich. Teunissen (schriftl. Mitteilung) verdanken wir den Hinweis auf den Erstfund für die Niederlande (1993) (Kuijper-Nannenga 1995). Von der iberischen Halbinsel sind uns keine Nachweise bekannt. Die derzeit bekannte Verbreitung in Zentraleuropa zeigt Karte 1 [Fig. 6]. Nach Kanada und den USA wurde die Art bereits am Anfang des letzten Jahrhunderts verschleppt, seitdem hat sie sich dort ausgebreitet und ist fest etabliert.

Biologie

Detaillierte Angaben zur Biologie dieser Art finden sich bei Dieckmann (1977) und Pupier (1997). In Mitteleuropa bzw. weiten Teilen des paläarktischen Verbreitungsgebietes entwickeln sich die Tiere monophag an Alcea rosea, der Stockrose [Fig. 4]. Im Juni und Juli erfolgt die Eiablage in die Blütenknospen [Fig. 7]. Dazu stechen die Weibchen mit ihrem langen Rüssel einen „Eikanal“ in die großen Knospen. Die Larven schlüpfen nach ca. 3 Tagen und kriechen zwischen den Staubfäden zum ringförmigen Fruchtknoten, wo sie sich in die jungen Früchte einbohren. Die Larve benötigt für ihre Entwicklung den Inhalt eines Samens. Vor der Verpuppung frisst sie ein Loch in die Samenwand und verschließt dieses mit einem weißen Sekret. Die Imago verlässt den Samen durch dieses Loch [Fig. 8], [Fig. 9]. Die Larvenentwicklung dauert vier bis sechs Wochen. Der Schlupf zieht sich nach Literaturangaben bis in den September hinein, bei Samenkapseln aus Berlin schlüpften bei niedrigen Zimmertemperaturen noch im Dezember einzelne Käfer [Fig. 10].

In Arkansas (USA) und in der Türkei ist die Art auch an Baumwolle (Gossypium) aufgetreten, und in Syrien wurde sie an einer unbestimmten Alcea-Art beobachtet (P. Sprick). Über eine Entwicklung an hochwüchsigen Malva spp., z.B. Malva sylvestris L. (Wilde Malve) [Fig. 11], Althaea officinalis L. (Eibisch) [Fig. 12] oder Lavatera thuringiaca L. (Thüringer Strauchpappel) [Fig. 13], weiteren mitteleuropäischen Malvengewächsen, ist bisher nichts bekannt geworden. Die beiden letztgenannten Arten sind jedoch selten bis sehr selten und können schon aus diesem Grund für das aktuelle Ausbreitungsgeschehen in Mitteleuropa keine Rolle spielen (zu Malva siehe auch nächstes Kapitel).

Die Stockrose stammt aus Kleinasien. Ihre über 2 m hohen Blütenstände gehören seit dem Mittelalter zum Pflanzenbestand der Bauerngärten [Fig. 14]. In früheren Zeiten wurde die Pflanze feldmäßig angebaut, und man gewann man aus den Blüten einen roten Farbstoff, der zum Färben des Weines diente (Hammer 1994). Sie ist heute in Mitteleuropa weit verbreitet und verwildert oft in Städten und Siedlungen."